CfP: 6. IASPM D-A-CH-Konferenz: "Metadaten | Metainformationen. Populäre Musik und ihre Metamorphosen" (Zürich, 7.-9.11.2024)

Call for Papers
Metadaten | Metainformationen
Populäre Musik und ihre Metamorphosen.
6. IASPM D-A-CH-Konferenz
Universität Zürich, 07.-09. November 2024

Deadline: 15.02.2024
Call for Papers [
PDF] (english version here)

Der Begriff Metadaten hat sich in den letzten Jahren vom IT-Fachausdruck zum Allerwelts- und Trendwort entwickelt, das auf zentrale kulturelle Semantiken und technologische Dynamiken der Gegenwart verweist – auch und gerade mit Blick auf populäre Musik. Im Kontext digitaler Systeme, maschinellen Lernens (KI), flächendeckender Internet-Verfügbarkeit im globalen Norden, Streaming-Möglichkeiten usw. sind „Daten über Daten“ bzw. Etikettierungen anderer Daten für die Infrastrukturen populärer Musik von erheblicher Bedeutung. Zugleich wirken sie auch auf die Produktionsseite zurück, weil sich Genregrenzen und andere Konventionen verschieben – und fungieren als heuristischer Ausgangspunkt für Versuche, dieses Geschehen intellektuell zu durchdringen und zu kritisieren. Streaming-Dienste und ihre Musik-Empfehlungs-Algorithmen sind das Paradebeispiel für die gegenwärtige Relevanz von Metadaten. Musik- und Kulturwissenschaftler:innen haben solche digitalen Systeme und ihre Effekte zuletzt verstärkt untersucht. Sowohl ethnografisch als auch mit quantitativen Methoden wurden substanzielle Erkenntnisse über die technischen (Infra-)Strukturen, die Ideologien und die Umverteilungseffekte im Umfeld des Plattformkapitalismus herausgearbeitet – auch wenn viele (Forschungs-)Fragen offenbleiben. 

In der Konjunktur der Metadaten – als Phänomen, als Begriff – und, allgemeiner, von als „Meta-“ etikettierten Phänomenen, werden soziotechnische Konstellationen greifbar, die die gegenwärtige Produktion, Zirkulation und Rezeption populärer Musik in besonderer Weise prägen. Etikettierungen als „Meta“ (Metadaten – aber z.B. auch Metatags, Metatrend, Metamaterial oder gar die Umbenennung des Facebook-Mutterkonzerns in Meta) evozieren zudem eine zeitgeistig wirkende Vieldeutigkeit und Vagheit. „Meta-“ ist somit mindestens so sehr ein Phänomen des kulturellen Imaginären wie der technologischen Materialität. Als Leitmotiv der Tagung verweist „Meta“ (im Sinne der vieldeutigen griechischen Vorsilbe μετά) auf das jenseits der klanglichen Dimension populärer Musik Liegende, das mit ihr Einhergehende, das in ihren Zwischenräumen Existierende. 

Im Zentrum der Konferenz stehen deshalb nicht nur die angesprochenen Metadaten und Metatags in digitalen Systemen, sondern auch andere Metainformationen populärer Musik: Obschon die klangliche Materialität – im Sinne der Affordanztheorie – Anlagerungspunkte für aussermusikalische Bedeutungszuschreibungen anbietet, richtet die Tagung das Augenmerk auf Aspekte populärer Musik über das Klingende hinaus. Populäre Musik ist unweigerlich mit ihrem raum-zeitlichen Kontext verknüpft; sie findet im Koordinatensystem soziokultureller, ökonomischer, ökologischer, medialer, technologischer wie auch politischer Achsen statt. Sie ist geprägt vom multidirektionalen Transfer zwischen verschiedenartigen Informationsquellen. Metainformationen populärer Musik wie etwa Künstler:innen-Images, Genre-Klassifikationen, performative Qualitäten, Mode, Design, Charts-Platzierungen, marketingbezogene Kommunikation, soziale Symbole, lifestylebezogene Codes etc. ermöglichen es deshalb auch, die aktuelle Erweiterung und Verdichtung des vielschichtigen Referenzsystems rund um populäre Musikkulturen zu erkunden. Das Präfix beschreibt zudem die Veränderung, den Wechsel eines Zustandes, z.B. im Sinn einer Metamorphose. Es referenziert den steten Wandel der als populäre Musik bezeichneten Inhalte, aber auch die grundlegend dynamische Beschaffenheit ihrer Gestaltformen und die Fluidität ihrer Herstellung und Rezeption.

Wir freuen uns über Beiträge von Wissenschaftler:innen, Künstler:innen, Journalist:innen und Praktiker:innen zum Tagungsthema und begrüßen gleichermaßen thematisch wie auch formal freie Einreichungen, die sich mit relevanten Fragestellungen zu populären Musikkulturen auseinandersetzen. Letztere finden im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten der Konferenz Berücksichtigung. 

Exemplarische Themenbereiche

Metadaten

  • Metadaten in Musikplattformen (Streaming, alternative Plattformen, Shops) 

  • Klassifizierung populärer Musik in digitalen Systemen (Genre-Systematiken, Moods, kontextbezogene Klassifizierung, Methoden der Klassifizierung etc.)

  • Copyright in digitalen Systemen (Zuordnung von Tantiemen, Verwertungsgesellschaften, GDPR (General Data Protection Regulation), Systematiken etc.) 

  • Auffindbarkeit von Musik in digitalen Systemen und Empfehlungsalgorithmen

  • Bias in digitalen Systemen (Gender-, Race-Imbalance, Erfolgsparameter etc.)

  • MIR (Music Information Retrieval) und KI in digitalen Systemen

  • Machtverhältnisse in digitalen Systemen (Wer besitzt die Entscheidungsgewalt über Begrifflichkeiten? Wer definiert Methoden? Wer verfügt über die Tools?)

  • Datenmanagement und Transparenz (Wer besitzt Zugang zu welchen Daten? Wer besitzt die Verfügungsgewalt über Metadaten?)

  • Fragestellungen der Digital Humanities im Kontext musikbezogener Metadaten

  • Metadaten in und aus den Popular Music Studies (bspw. Kodierung von Interviews, Umgang mit KI, MIR, ML etc.)

Metainformationen

  • Zusammenhänge von populärer Musik mit Mode, Design etc. 

  • Memes, TikTok und deren aussermusikalische Referenzsysteme

  • Künstler:innenimages, Musikpresse und -magazine, Blogs, Webseiten etc.

  • Werbeindustrie, Marken und Musikwirtschaft (Musik in Werbespots, Markenkooperationen mit Künstler:innen, Markenpräsenz auf Musikveranstaltungen, Künstler:innenkommunikation und -marketing etc.)

  • Genre-Klassifikationen und weitere Einordnung populärer Musikformen in Kategorien (bspw. kontextbezogene Playlisten)

  • Körperlichkeit in populärer Musik (bspw. Kommunikation durch performative Qualitäten)

  • Soziale Symbole und lifestylebezogene Codes (Subkulturen, Abgrenzung vom anderen, Bedeutungsdimensionen)

  • Wechselwirkungen von Metainformationen und Inhaltstransfer bei Rezipient:innen (bspw. Einflussvariablen auf Imageerzeugung, Einordnung von Rezipient:innen, Übertragung nicht-musikalischer Qualitäten auf musikalische Inhalte etc.)

  • Hierarchien und Verhältnisse zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Entitäten und Informationen

Metamorphosen

  • Herstellung und Beschaffenheit populärmusikalischer Gestaltformen

  • Einfluss von Metadaten und Metainformationen auf die Bedeutungskonstruktion bei der Rezeption populärer Musik und veränderte Rezeptionsumgebungen 

  • Veränderung der unter dem Begriff populärer Musik subsumierten klanglichen Inhalte über die Zeit und Reflexion dessen in Bezug auf zugehörige Metainformationen und ganzheitlich kontextuelle Variablen

  • Künstlerische Forschung (bspw. Auseinandersetzung mit dem Einfluss von Metainformationen auf den Herstellungsprozess populärer Musik oder auch kritische Reflexion der Erzeugung und Kommunikation derselben)

  • Kritische Evaluation etablierter Paradigmen in populären Musikkulturen und der Popmusikforschung

  • Veränderte mediale Funktionen populärer Musik im Kontext überwiegend digitaler Referenzsysteme

Zu all diesen Themen sind insbesondere Beiträge erwünscht, die sich mit Machttechniken und -effekten auseinandersetzen und z.B. Fragen der transnationalen Ungleichheitsforschung, der Gender and Sexuality Studies oder der Rassismusforschung adressieren. Als ausdrücklich interdisziplinäre Tagung sind Forschende aller Fachbereiche, die sich im weiten Feld der Popular Music Studies bewegen, eingeladen, aktuelle Untersuchungen zu präsentieren.

Die Beiträge können in deutscher oder englischer Sprache in folgenden Formaten eingereicht werden:

  • Einzelbeiträge (30 Minuten Vortrag & 15 Minuten Diskussion),

  • Panels (min. drei Vorträge zu einem gemeinsamen Themenkomplex, insgesamt 60 Minuten Vorträge & 30 Minuten Diskussion).

Für Mitglieder aller IASPM-Verbände sowie Studierende/Dozierende der Universität Zürich und der Universität Bern ist die Teilnahme an der Konferenz frei. Für alle anderen Teilnehmenden gelten die folgenden Teilnahmegebühren (zu bezahlen per Rechnung/Überweisung nach der Registrierung):

  • Ganze Konferenz: 100.00 CHF

  • Donnerstag, 07.11.2024: 40.00 CHF

  • Freitag, 08.11.2024: 40.00 CHF

  • Samstag, 09.11.2024: 30.00 CHF

Eine IASPM-Mitgliedschaft ist für die Einreichung eines Beitrags oder Panels nicht erforderlich. 

Die Publikation einzelner Beiträge im Rahmen der IASPM D-A-CH Vibes-Serie ist vorgesehen. 

Einreichungen müssen folgende Angaben enthalten:

  • Vortrags- und/oder Paneltitel

  • Abstract (für Einzelbeiträge max. 300 Wörter, bitte ohne Referenzen zu Urheber:innen der Abstracts; für Panels max. 300 Wörter zum Panelthema und je max. 200 zu den Beiträgen)

  • Fünf Keywords

  • Name, Kontaktinformationen und ggf. institutionelle Anbindung

  • Kurzbiografie (max. 150 Wörter)

  • Reisekostenzuschuss beantragen ja/nein (siehe unten)

Bitte reichen Sie ihre Vorschläge bis spätestens 15.02.2024 online in unserem Formular ein.

Die Evaluation und Auswahl der anonymisierten Beiträge erfolgt durch den IASPM D-A-CH-Vorstand und -Beirat sowie das Steuerungsboard der Konferenz. Wir bemühen uns, Ihnen bis spätestens April 2024 eine Rückmeldung zu geben.

Ansprechpartner: Andreas Schoenrock; Moritz Ege

Vorbehaltlich der Finanzierung durch Drittmittel planen wir Reise- und Aufenthaltskostenerstattungen bzw. -zuschüsse für vortragende IASPM-D-A-CH-Mitglieder bereitzustellen. Wir planen zudem, Studierenden bei Erstellen eines Tagungsberichtes (Text und/oder auditive/visuelle/audiovisuelle Formate sind möglich), Reise- und Aufenthaltskosten zu erstatten.

In Vorfreude auf Ihre Einreichungen und fruchtbare Diskussionen in Zürich,

Andreas Schoenrock (MAS Popular Music, Hochschule der Künste Bern)
Britta Sweers (Institut für Musikwissenschaft, Universität Bern)
Inga Mai Groote (Musikwissenschaftliches Institut, Universität Zürich)
Moritz Ege (Institut für Sozialanthropologie und Empirische Kulturwissenschaft, Universität Zürich)