5. Collegium Musicum Populare, Berlin 2020 - Konferenzbericht

5. Collegium Musicum Populare, Humboldt-Universität zu Berlin 2020

Konferenzbericht
von Stefanie Alisch und Martin Ringsmut

Das fünfte Collegium Musicum Populare hatten Stefanie Alisch und Martin Ringsmut ursprünglich in Präsenz für Juni 2020 an der HU Berlin geplant. Corona-bedingt entschloss sich das Organisationsteam zu einem Online-Workshop. So fand am 07. Januar 2021 das CMP erstmals als eintägige Videokonferenz statt.

Das Oberthema Pleasure Politics regte - teils explizit, teils implizit - spannende Positionen an die von Sound Studies und Performativitätstheorie über Groove-Forschung bis zu demographischem Wandel im Clubleben reichten. Eingebettet in Dancebreaks und moderiert von Bernhard Steinbrecher, Martin Ringsmut sowie Stefanie Alisch, präsentierten 8 Wissenschaftler*innen Ihre aktuellen Forschungs-, Master-, Promotions- und Postdoc-Projekte.

Alle Teilnehmenden des CMP-Workshops im Zoom-Meeting

Beate Peter stieg ein mit der Vorstellung Ihres Club- und Tanz-orientierten Projekts. Unter dem Titel "Enduring involvement und der alternde, tanzende Körper" diskutierte sie Pleasure Politics im Kontext von alternden Club-gänger*innen. Robert Michler präsentierte sein Dissertationsprojekt "Grooves on the Grid: Drum Machines and Quantisation in the period of time from 1980 to 1995". Hier untersucht er den Einfluss von digitaler Quantisierung. Jasemin Khaleli stellte ihr "Projekt Fieldnotes of un_pleasure" vor, in welchem sie sich mit den intersektionalen Bedingungen des Lissaboner Nachtlebens beschäftigt. Khalelis Präsentation schöpfte aus musikethnologischen und affekttheoretischen Ansätzen und verknüpfte diese mit Ideen aus Queer Theory und Gender Studies. Raphael Börger sprach über "Nicht-musikalische Klänge als ‚Sonische Sex-Toys‘". In seinem Vortrag untersuchte er die Vinyl-Veröffentlichungsreihe „Environments“ des Labels Syntonic Research mit Blick auf die Kommodifizierung und Produktion von artifiziellen „natürlichen“ Klangräumen als Teil einer neoliberalen Genussökonomie. Robert Westphal reflektierte über Zeitlichkeit und Immersion in populärer Musik. Sein Vortrag "Das Immersive im Performativen und das Performative im Immersiven. Zeitlichkeit in und durch Pop-Performances" behandelte Inszenierungen von Temporalität als Bestandteil einer übergreifenden Ästhetik des Immersiven in konkreten Popmusik-Performance-Kontexten. Sean Prieske folgte mit seinem Vortrag „'Das macht ein bisschen Spaß.' Subjektive Gründe für den Musikgenuss geflüchteter Menschen". Prieske stellte Teile seiner Feldforschung mit Geflüchteten in Berlin vor, in welcher er die sozialen und therapeutischen Komponenten von Musikgenuss hervorhob. Als letzter Vortragender präsentierte Phillipe Labonde sein Projekt mit dem Titel “Was macht den Groove? Einfluss des Verhältnis von Schlagzeug zu übrigem Arrangement auf das Groove-Empfinden”. Mit vielen Anknüpfungspunkten zu Robert Michlers Vortrag besprach Labonde die Rolle und Definition von Groove in populärer Musik und brachte einen kritischen Blick auf bisherige Stimulus-orientierte Groove-Forschung in den Workshop ein.

Teilnehmende als auch IASPM D-A-CH-Vorstands- und Beiratsmitglieder sowie Mitarbeiterinnen des Lehrstuhls für Geschichte und Theorie der Populären Musik an der HU Berlin brachten Fragen, wissenschaftliche Perspektiven und Anregungen in den Austausch ein. Neben den einzelnen Vorträgen diskutierten die Teilnehmenden vor allem die Schwierigkeiten ihrer Forschungsprojekte unter Pandemie-Bedingungen: Wie verändert Corona die Forschung, erschwert sie, oder macht sie gar unmöglich?

Mitten in den Mühen des ersten Corona-Winters bot das digitale CMP an der HU Berlin einen Raum für kollegialen und kreativen Austausch. Mit ihren diversen Beiträgen haben die CMP-Teilnehmer*innen gemeinsam einen Workshop gestaltet, der nicht nur wissenschaftliche Impulse setzte, sondern auch in der Lockdown-Isolation Austausch, Frische und Struktur bot.

News, CMP 2020, CMPPenelope Braune